Neues Format
Digitaler Raum für Reflexion
Gemeinsam etwas Positives tun ist auch ansteckend!
Wo liegen die Grenzen der Solidarität? Geht Gesundheit immer vor? Brauchen wir mehr Daten, um Pandemien erfolgreich zu bekämpfen? Um solche Fragen drehte sich die Diskussion im „digitalen Raum für Reflexion“, zu der das Roman Herzog Institut (RHI) mehr als 20 Expert*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft eingeladen hatte. Die Coronakrise gab nicht nur das Thema vor, sondern auch das Format: Denn der virtuelle Workshop war zugleich ein Experiment, wie vernetztes Denken auch in Zeiten sozialer Distanz funktioniert. Unterstützt wurde das RHI von der Firma pictomind, die Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung innovativer Strategien berät.
Das Virus und wir
„Unsere Leitfrage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen, stellt sich unter dem Eindruck der Coronakrise völlig neu“, sagte RHI-Vorstandsvorsitzender Prof. Randolf Rodenstock. Durch die Pandemie ergeben sich zurzeit ganz neue Herausforderungen für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik – und für jeden Einzelnen. In einer Vorstellungsrunde reflektierten die zugeschalteten Teilnehmer, wie die Krise sich auf sie selbst und ihre berufliche Tätigkeit auswirkt: Von der ungewohnten Erfahrung, im Home-Office zu arbeiten, bis hin zu existenziellen Sorgen um das Überleben der eigenen Firma und das Wohl der Mitarbeiter reichte die Bandbreite der persönlichen Betroffenheit.
Was ist uns die Gesundheit wert?
In der anschließenden Diskussion stand das Spannungsverhältnis von Wirtschaft und Gesundheit im Vordergrund. Sollten die Kontaktverbote bald gelockert werden, um die massiven ökonomischen Folgen des Shutdowns zu begrenzen? Oder ist es unethisch, dadurch die Gesundheit vieler Menschen zu gefährden? Nach Ansicht des Ökonomen Dominik Enste ist eine solche Kosten-Nutzen-Abwägung unvermeidlich und kennzeichnend für jedes politische Handeln. Dass Dilemma-Situationen mittlerweile an der Tagesordnung sind, zeigt auch der Blick auf Europa: Einerseits profitieren wir von der innereuropäischen Freizügigkeit, andererseits werden viele nationale Grenzen zurzeit geschlossen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.
Mit Fakten gegen die Angst
Weniger intuitives Vorgehen und mehr Berechenbarkeit fordert die Statistikerin Katharina Schüller im Kampf gegen Corona. Sie hält konsequentes Testen für nötig, um repräsentative Daten über die Krankheit zu sammeln. Nur dadurch lassen sich belastbare Fakten über Ausbreitung, Infektionswege, Sterblichkeit und Immunität gewinnen. Viele der heutigen offiziellen Prognosen basieren auf Worst-Case-Szenarien, mit denen man am Anfang der Epidemie gearbeitet hat. Dies führe zu ungenauen und widersprüchlichen Aussagen und schüre Unsicherheit, Angst und irrationales Verhalten in der Bevölkerung.
Lehrstück ohne Lösung
Lassen sich Parallelen zwischen der Pandemie und der Klimakrise ziehen? Ist sie ein Testlauf für den kollektiven Kollaps, den wir im Fall einer Klimakatastrophe zu erwarten hätten? Ein Weckruf, der uns dazu bringt, über die Resilienz unserer Systeme nachzudenken? „Um konkrete Lehren aus der aktuellen Situation zu ziehen, ist es noch zu früh“, meint Rodenstock. „Wir sehen, dass die Epidemie viele Fragen aufwirft, uns aber auch Chancen aufzeigt. Die gelungene Diskussion hat gezeigt, wie wichtig es ist, viele unterschiedliche Sichtweisen zusammenzubringen. Wir stehen noch nicht am Ende, sondern am Anfang eines Denkprozesses.“