Preisverleihung Roman Herzog Forschungspreis Soziale Marktwirtschaft am 17. Mai 2023

Das RHI verleiht zum zehnten Mal den Roman Herzog Forschungspreis Soziale Marktwirtschaft.

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Im Jubiläumsjahr ehrte das Roman Herzog Institut drei junge Wissenschaftler*innen für ihre Forschungsarbeiten über europäisches Wettbewerbsrecht, soziale Ungleichheit und institutionelle Rahmenbedingungen. „Gerade in Zeiten multipler Krisen müssen wir – getreu dem RHI-Motto – ‚Gesellschaft denken‘. Dazu gehört auch, unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten“, sagte der RHI-Vorstandsvorsitzende Prof. Randolf Rodenstock bei der Preisverleihung im Literaturhaus München. In seinem Grußwort erinnerte Wolfram Hatz, Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., an die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft vor 75 Jahren. „An dieser Erfolgsgeschichte hat auch das RHI mitgeschrieben“, sagte er „Mit dem Forschungspreis macht es unsere Wirtschaftsordnung stärker und robuster.“

1. Preis: Dr. Anselm Küsters

Goethe Universität Frankfurt a. M.

Der erste Preis und ein Preisgeld von 20.000 Euro gehen an Dr. Anselm Küsters für seine Arbeit „The Making and Unmaking of Ordoliberal Language. A Digital Conceptual History of European Competition Law“. In seiner Dissertation gibt er einen historischen Rückblick auf die intellektuellen Grundlagen der europäischen Rechtsordnung.

Mithilfe qualitativer Analyse und quantitativer Text-Mining-Methoden zeigt Anselm Küsters, wie stark das Wettbewerbsverständnis und der Sprachgebrauch der ordoliberalen Schule über Jahrzehnte die europäische Wettbewerbspolitik und Rechtsprechung geprägt haben. Dabei erschwerte die semantische Unbestimmtheit vieler Normen oft eine einheitliche Durchsetzung des Wettbewerbsrechts. Der Preisträger empfiehlt, bei der Anwendung und Auslegung von Gesetzen die Denktraditionen der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten stärker zu berücksichtigen und zwischen unterschiedlichen Wettbewerbstheorien – etwa Ordoliberalismus und „More Economic Approach“ – zu vermitteln.

 

2. Preis: Dr. Julia Kraft

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Mit dem zweiten Preis und 10.000 Euro wurde Dr. Julia Kraft ausgezeichnet. In ihrer Habilitationsschrift „Armut und Vertrag. Über den liberalen Wert eines sozialen Vertragsrechts“ befasst sich die Juristin mit der Rolle des Vertragsrechts bei der Bekämpfung von Armut.

Vor dem Hintergrund steigender Sozialausgaben bedient sich der Staat neben den klassischen Instrumenten des Steuer- und Sozialrechts zunehmend des Vertragsrechts, um gegen soziale Ungleichheit vorzugehen. So zielen gesetzliche Vorgaben für privatrechtliche Vertragsbeziehungen – beispielsweise die Mietpreisbremse oder gesetzliche Mindestlöhne – darauf ab, die Situation einkommensschwacher Haushalte zu verbessern. Kritiker sehen darin einen unzulässigen Eingriff in die Vertragsfreiheit. Um bedürftigen Menschen grundlegende existenzielle Freiheiten überhaupt erst zu ermöglichen, sind solche sozialgestaltenden Interventionen legitim und notwendig, argumentiert dagegen Julia Kraft. Ihr zufolge verhilft der soziale Ausgleich dem Prinzip der Freiheit zu neuer Geltung.

 

3. Preis: Dr. Florian Dorn

Ludwig-Maximilians-Universität München

Den dritten Preis und damit 5.000 Euro erhält Dr. Florian Dorn für seine Dissertation „Inequality, Infrastructure an Institutions. Empirical Studies in Public Economics and Political Economy“. Darin untersucht er den empirischen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Ungleichheit und gesellschaftlichem Zusammenhalt.

Der Ökonom geht der Frage nach, wie staatliches Handeln und veränderte Rahmenbedingungen Wohlstand und politische Stabilität fördern können. Seine Forschung belegt, dass Menschen in „abgehängten“ Regionen häufiger radikale Parteien unterstützen. Unter welchen Bedingungen Infrastrukturprojekte die regionale wirtschaftliche Entwicklung beleben können, zeigt er in einer weiteren Studie. Auf kommunaler Ebene analysiert Florian Dorn die Konjunkturzyklen öffentlicher Ausgaben und die Effizienz des Rechnungswesens. Im internationalen Maßstab vergleicht er die Effekte des offenen Handels auf die Einkommensungleichheit. Aus seinen Forschungsergebnissen leitet er Empfehlungen für politische Entscheidungsträger ab.

© Roman Herzog Institut e.V.