Strategisch Führen

Rückblick RHI-Symposium am 26.11.2024

In Krisenzeiten ist der Bedarf an weitsichtigen Entscheidungen und klugem Handeln besonders hoch. Doch was macht gute strategische Führung in Politik und Gesellschaft aus? Darüber sprachen neun Sachverständige beim Symposium des Roman Herzog Instituts am 26. November 2024 in München.

„Die Fähigkeit, gute langfristig orientierte Entscheidungen mit gesellschaftlicher Tragweite zu treffen, scheint augenblicklich rar. Dabei schreit die gesamte politische Lage geradezu nach strategischer Führung“, eröffnete RHI-Vorstandsvorsitzender Randolf Rodenstock im dicht besetzten Europa-Saal des Hauses der Bayerischen Wirtschaft die diesjährigen RHI-Talks.

Zwischen Kommunikation und Konfrontation

Die Frage, was strategische Führung bedeutet und warum sie wichtig ist, stand im Fokus der Veranstaltung. Für die Medienpädagogin Manuela Pietraß bildet strategisches Denken den Kern jeden politischen Handelns. Um strategische Erfolge zu erzielen, kommt es darauf an, klug zwischen den Interessen aller Beteiligten zu vermitteln, sagt der Verhandlungsexperte Jack Nasher. Für General a. D. Erich Vad geht es bei strategischer Führung auf politischer Ebene dagegen eher darum, die eigene Position zu verteidigen und dabei auch Rückschläge in Kauf zu nehmen.

Stolpersteine für Strategen

In manchen Bereichen stößt strategische Führung allerdings zwangsläufig an ihre Grenzen – etwa, wenn sie unseren zeitlichen Planungshorizont übersteigt. Anhand der Umweltpolitik erklärte der Historiker Roman Köster dieses Dilemma. Dass auch moralische Vorstellungen von Gut und Böse die politische Kultur prägen und praktisch-strategische Entscheidungen beeinflussen oder sogar behindern können, erläuterte der Philosoph Hanno Sauer.

Von den „Iden des März“ bis zum Mauerfall

Der Historiker Martin Sabrow führte am Beispiel der DDR strukturelle Gründe für strategisches Versagen an: So gab es trotz SED-Diktatur und zentralistisch gelenkter Planwirtschaft keine wirkliche Strategie der politischen Führung. Gute Entscheidungen können dagegen zur Modernisierung eines Landes beitragen, wie die Ethnologin Ursula Rao am Beispiel der Digitalisierung der Verwaltung in Indien zeigte. Schließlich hingen Erfolg und Misserfolg strategischer Führung auch von persönlichen Eigenschaften der Akteure ab, so der Geschichtswissenschaftler Michael Sommer in einem (nicht ganz ernst gemeinten) Vergleich zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und den römischen Kaisern Caesar und Nero.

Mit Risiken leben, an Krisen wachsen

Zum Ende des Symposiums wurde Benedikt Putz mit seinem Aufsatz „Neubeginn in der Krise – Warum wir strategische Führung wiederentdecken müssen“ als Gewinner des diesjährigen RHI-Essay-Wettbewerbs geehrt. Laudator General a. D. Klaus Naumann machte deutlich, dass Krisen Normalfälle des Lebens sind, und mahnte: „Unsere Gesellschaft ist risikoscheu geworden. Aber ein Leben ohne jegliches Risiko ist nicht möglich!“

Frischer Wind in bewegten Zeiten

Abschließend teilte Gastgeber Rodenstock seine persönlichen Erfahrungen mit strategischer Führung. Für ihn als Unternehmer kam es in Krisenzeiten gegenüber den Stakeholdern immer darauf an, Vertrauen zu erhalten, Transparenz zu schaffen und Sinn zu stiften. Im Gespräch mit dem Moderatoren-Duo Frieda Lang und Max Faatz bekräftigte er den Anspruch des Roman Herzog Instituts, sich weiter intensiv mit gesellschaftspolitischen Themen auseinanderzusetzen und dabei auch junge Menschen einzubinden: „Als Think Tank müssen wir darauf achten, nicht zu überaltern, und uns frischen Wind hereinholen!“

Mediathek
Referenten

General a.D. Dr. Erich Vad

Strategieberatung, Sicherheitspolitik, Leadership, Politik

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Prof. Dr. Ursula Rao

Ethnologie

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Prof. Dr. Hanno Sauer

Philosophie, Ethik

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Prof. Dr. Michael Sommer

Geschichte

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Prof. Dr. Manuela Pietraß

Bildung, Erziehungswissenschaft, Gesellschaft, Kommunikation, Medienwissenschaft, Pädagogik

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PD Dr. Phil. Roman Köster

Geschichte, Umwelt, Wirtschaft, Ökonomie

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Prof. Dr. Jack Nasher

Verhandlungsführung

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Prof. Dr. Martin Sabrow

Geschichte

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Benedikt Putz

Osteuropastudien

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