Rückblick digitaler Expertenworkshop Soziale Marktwirtschaft

Junge Denkerinnen braucht das Land

Digitaler Experten-Workshop Soziale Marktwirtschaft

Um die Krisenfestigkeit und die Zukunftsaussichten der Sozialen Marktwirtschaft ging es beim digitalen Experten-Workshop am Roman Herzog Institut. Die Diskussionsrunde bestand aus jungen Wissenschaftler*innen, die in den Vorjahren mit dem Roman Herzog Forschungspreis Soziale Marktwirtschaft ausgezeichnet worden waren, sowie den designierten Preisträger*innen 2020. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Krise loteten sie die Stärken, Schwächen und Perspektiven unserer Wirtschaftsordnung aus.

Ohne Prinzipien durch die Pandemie?
„Die Corona-Krise hat unsere Wirtschaftsordnung in eine Schieflage gebracht“, sagte RHI-Vorstandsvorsitzender Randolf Rodenstock zum Auftakt der Veranstaltung. Zum Schutz der Gesundheit sowie zur Stabilisierung von Wirtschaft und Beschäftigung in Pandemiezeiten waren und sind staatliche Eingriffe gerechtfertigt. Davon losgelöst sei aber zu beobachten, dass Regulierungen die Freiheit von Verbrauchern und Unternehmen zunehmend beschneiden. Finanzhilfen für angeschlagene Konzerne auf Dauer verzerrten den Wettbewerb und unterhöhlten das Prinzip der Subsidiarität. Nun geht es nach Auffassung Rodenstocks darum, eine Exit-Strategie zu entwickeln, die das aktuelle Krisenmanagement in eine sachgerechte und nachhaltige Wirtschaftspolitik überführt.

Wettbewerbsrecht 2.0
Einen thematischen Schwerpunkt bildete der Bereich digitale Wirtschaft: „Alle Wirtschaft ist digital“, so Rupprecht Podszun, Professor für Bürgerliches Recht und Wettbewerbsrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Deshalb sei dringend zu klären, welche Regeln in der digitalen Ökonomie gelten sollen, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Denn einerseits sollen sich innovative Start-ups am Markt frei entfalten können. Andererseits gefährden Quereinsteiger wie Uber und Airbnb die etablierten Anbieter.

Digital Divide?
Lebhaft diskutiert wurden auch die sozialen Auswirkungen der Corona-Krise. Dass manche Kinder durch Unterrichtsausfälle während des Lockdown langfristig den Anschluss verlieren, befürchtet Charlotte Bartels, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIW Berlin. Die soziale Durchlässigkeit nehme in Deutschland besorgniserregend ab, meint zudem Ekkehard Köhler, Geschäftsführender Forschungsreferent am Walter-Eucken-Institut. Dadurch werde das Aufstiegsversprechen der Sozialen Marktwirtschaft nicht mehr eingehalten, so Julian Dörr vom Interessenverband „Die Familienunternehmer“. Für mehr Chancengerechtigkeit können etwa der Ausbau von digitaler Infrastruktur und Kompetenz an Schulen, eine flächendeckende Breitbandversorgung oder verbesserte Eingliederungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose und Arbeitsuchende sorgen.

Zwischen Boom und Burn-out
Deutschland ist bislang wirtschaftlich recht gut durch die Krise gekommen. Zudem hat das Bewusstsein für die Bedeutung von Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt zugenommen. Dagegen regten sich unter den Teilnehmern Zweifel, ob unsere Wirtschaftsordnung überzeugende Antworten liefern kann auf Herausforderungen wie die Alterung der Bevölkerung die Digitalisierung und den Klimawandel. Hier fehlt es nach Ansicht der jungen Wissenschaftler*innen an Konzepten für eine nachhaltige Neuausrichtung der Sozialen Marktwirtschaft.

Ausblick im Weitwinkel
Einigkeit herrschte in der Abschlussdiskussion darin, dass die Stimmen der jungen Menschen mehr gehört werden müssten – vor allem, wenn es um Zukunftsthemen wie Bildung, Klimaschutz oder Staatsverschuldung gehe. Insofern sei das Konzept der Veranstaltung aufgegangen, zeigte sich Gastgeber Rodenstock zufrieden: „Wir wollen die wissenschaftliche Expertise der jüngeren Generation einholen und nicht nur auf etablierte Meinungen setzen.“ In Zukunft werde das RHI auch geopolitisch seine Perspektive weiten und beim Thema Wirtschaftsordnung nicht nur „durch die nationale Brille“ schauen.


Der Roman Herzog Forschungspreis Soziale Marktwirtschaft 2020 wird am 7. Oktober im Rahmen eines digitalen Festakts verliehen. Als Gastredner spricht Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. Mehr Informationen über die Veranstaltung und zur Anmeldung finden Sie hier.

Referenten

Dr. Susanne Veldung

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Prof. Dr. Rupprecht Podszun

Recht, Wirtschaft

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Prof. Dr. habil. Korbinian von Blanckenburg

Volkswirtschaft, Ökonomie

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Prof. Randolf Rodenstock

Wirtschaft, Ökonomie

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Roman Herzog Institut

Ökonomie, Soziologie, Gesellschaft

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