Rückblick Expertenworkshop

Internationale Dimensionen der Sozialen Marktwirtschaft

Motor und Modell für Europa

Workshop „Internationale Dimensionen der Sozialen Marktwirtschaft“

Kann sich die Soziale Marktwirtschaft auch international bewähren? Welche Lösungen bietet sie etwa für den wirtschaftlichen Wiederaufbau der Ukraine und die künftige Neuordnung Europas? Was kann sie dazu beitragen, die großen klimapolitischen Herausforderungen zu bewältigen?

Über aktuelle Fragen rund um unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung diskutierten Expertinnen und Wissenschaftler auf einem Workshop des Roman Herzog Instituts (RHI). „Im Jahr 2023 wollen wir das Thema Soziale Marktwirtschaft vertiefen und vor allem die internationalen Dimensionen und Perspektiven unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ausloten“, kündigte RHI-Vorstandsvorsitzender Randolf Rodenstock an.

Wo stehen wir in Europa?

Der Krieg in der Ukraine ist nicht nur ein politischer Brandherd, er gefährdet auch den wirtschaftlichen Wohlstand in Europa. Das bisherige europäische „Geschäftsmodell“ gründet auf günstiger Energie aus Russland, günstiger Sicherheit unter dem Schutz der Nato und günstigen Waren aus Asien. Durch Corona-Pandemie und Krieg hat sich die Lage jedoch grundlegend gewandelt:

Die Mitgliedsländer haben mit Energiekrise, hoher Inflation und Verschuldung der öffentlichen Haushalte zu kämpfen. Dazu kommen in einigen Staaten politische und gesellschaftliche Verwerfungen, die den Zusammenhalt der EU bröckeln lassen. Und Lieferengpässe bremsen die Unternehmen aus. „Wir stehen an einem Wendepunkt. Die Welt beginnt, sich geopolitisch und strategisch umzuorientieren“, resümierte RHI-Geschäftsführer Martin Lang.

Prinzipien mit Potenzial

Die Soziale Marktwirtschaft ist seit 2007 im Vertrag von Lissabon als wirtschaftspolitisches Leitbild für die Europäische Union verankert. Ihren Werten und Spielregeln fühlen sich jedoch nicht alle EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet – trotz freiem Handel und – im Euroraum – gemeinsamer Währung. Um mehr Verbindlichkeit zu erreichen, kommt es entscheidend darauf an, die Vorteilhaftigkeit der marktwirtschaftlichen Ordnung für sämtliche Akteure sichtbar zu machen:

Von offenen Märkten, Technologietransfers und multilateralen Beziehungen profitieren schließlich alle Beteiligten mehr als von nationaler Abschottung und Protektionismus. Weitere Stärken der Sozialen Marktwirtschaft liegen darin, dass sie sozialen Ausgleich anstrebt, gesellschaftlich befriedend wirkt und auf politischen Pragmatismus setzt.

Neue Fragen braucht das Land

Seit der Einführung der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland vor rund 75 Jahren haben sich die politischen Rahmenbedingungen verändert: Ging es nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem um den wirtschaftlichen Wiederaufbau Westdeutschlands, rückt heute mehr und mehr die Bedrohung durch den Klimawandel in den Fokus.

Über die Aufgaben des Staates in Bezug auf nachhaltiges Wirtschaften wurde beim Workshop intensiv diskutiert. Wie lässt sich wirtschaftliches Wachstum mit Klimaschutz vereinbaren? Darf der Staat Grenzen für CO2-Emissionen festlegen? Wie kann ein Ordnungsrahmen für Europa mit Blick auf Nachhaltigkeit aussehen?

Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema Subsidiarität. Was muss der Staat selbst leisten oder gewährleisten, aus welchen Bereichen sollte er sich ganz heraushalten? Wie lässt sich die Eigenständigkeit der unterschiedlichen Regionen in Europa wahren, ohne das großer Ganze aus dem Blick zu verlieren?

Modell mit minimalen Mängeln

Trotz lebhafter Diskussion über ihre Stärken und Schwächen überwog bei den Workshop-Teilnehmenden insgesamt ein eher positives Stimmungsbild in Bezug auf die „Internationalität“ der Sozialen Marktwirtschaft. Ihr Konzept biete die besten Voraussetzungen, dass Europa als politische Union und integrierter Wirtschaftsraum überhaupt funktioniert.

Dem Urteil schloss sich auch Gastgeber Rodenstock an: „Die Soziale Marktwirtschaft befähigt uns zum Umgang mit Krisen. Deshalb bin ich optimistisch, dass sie sich auch im internationalen Wettbewerb der Wirtschaftssysteme bewähren wird.“

Referenten

Prof. Dr. Dr. h.c. Stefan Hradil

Soziologie

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Prof. Randolf Rodenstock

Wirtschaft, Ökonomie

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Prof. Dr. Harald Sander

Außenwirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaftspolitik

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