Digitaler Raum zur Reflexion

In Deutschland neu denken: Das Roman Herzog Institut startet ab 1. April 2020 sein neues Format zur digitalen Reflexion über die Zukunft unserer Gesellschaft und Wirtschaft.

Warum brauchen wir einen „digitalen Raum für Reflexion“?

Interview mit RHI-Geschäftsführerin Dr. Neşe Sevsay-Tegethoff und Dr. Markus Armbruster, Strategieexperte und Geschäftsführer von pictomind.

 

 

 

 

Dr. Sevsay-Tegethoff: Wie so viele andere stehen auch wir vor der Herausforderung, adäquat auf die jetzige Situation zu reagieren. In der Theorie ist uns der Megatrend Digitalisierung schon viele Jahre vertraut. Jetzt geht es darum, nicht mehr nur darüber zu sprechen, sondern ganz konkret ihre Vorteile zu nutzen.

Wir müssen lernen, konstruktiv mit Ungewissheiten umzugehen und uns nicht von ihnen einschüchtern zu lassen. Wir sollten mutig – auch mal wagemutig – persönliche Flexibilität an den Tag legen, um neue Lösungen zu finden. Unser Ziel, bei allem was wir tun, ist und bleibt das Gleiche: Dem Denken Raum geben, um Räume zu öffnen.

Deshalb hat das Roman Herzog Institut am 1. April 2020 interessante Persönlichkeiten, darunter viele Absolventen der Bayerischen EliteAkademie, zum gemeinsamen virtuellen Austausch eingeladen. Mit Dr. Markus Armbruster von der pictomind GmbH haben wir zudem einen Experten und Sparringspartner an der Seite, dem es u. a. auf dem World Economic Forum gelungen ist, verschiedenste Perspektiven zusammenzubringen. Letzteres wollen wir zunächst im kleineren Umfang mit unserem neuen digitalen Format realisieren.

 

 

 

 

Dr. Armbruster: Derzeit geschieht global etwas Unerwartetes und völlig Neues mit Auswirkungen für jeden Einzelnen. Alle bewegt das momentane Geschehen. Deshalb wollen wir unterschiedliche Sichtweisen in einen digitalen Raum bringen und reflektieren.

Gemeinsam wollen wir verschiedene Aspekte untersuchen, die in die Gesellschaft und die globale Zusammenarbeit hineinreichen, um den neuen Herausforderungen zu begegnen. Ich selbst bin Chemiker und Wirtschaftschemiker und systemischer Facilitator und war schon bei vielen Strategieentwicklungen führend mit dabei – z. B. bei der Süd-Chemie oder bei BASF, für die ich u. a. die Innovation Academy gegründet habe. Dort haben wir Tausende von Teilnehmern weltweit befähigt, optimal zusammenzuarbeiten und ihr volles Potenzial zu nutzen – von Vorständen bin hin zu Produktionsmitarbeitern.

Gemeinsam mit dem Roman Herzog Institut wollen wir im „digitalen Raum für Reflexion“ eben dieses Potenzial entfesseln und die Zukunft neu denken – mit in der Industrie erprobten Herangehensweisen sowohl in kleinen als auch großen Gruppen.

 

Welche Grenzen und welche Chancen stecken in neuen digitalen Lösungen?

Dr. Sevsay-Tegethoff: Die Grenzen sind immer dort gegeben, wo es im Digitalen nicht gelingt, das zu entfachen, was passiert, wenn Menschen in der realen Welt aufeinandertreffen. Nämlich jene Dynamik zu entfalten, die uns als soziale Wesen und unser Menschsein ausmacht. So stärken direkte Gespräche unser Gemeinschaftsgefühl, sie schaffen Vertrauen und fördern eine offene Unternehmenskultur.

Dennoch gilt es, die Chancen der digitalen Lösungen zu erkennen und zu ergreifen. Wir lernen hier immer wieder dazu. Beispielsweise stellen wir fest, dass wir durch die Nutzung unserer Social-Media-Kanäle bei unseren Followern Wirkung im Sinne einer „vertikalen Loyalität“ erzielen: Es gibt ein Zusammengehörigkeitsgefühl und eine Verbindlichkeit, was den Wunsch anbelangt, nicht stillzuhalten, sondern Köpfe zu bewegen und neue Lösungen zu finden.

Dr. Armbruster: Der Mensch ist ein soziales Wesen und ich habe noch kein Team weltweit erlebt, welches sich nicht freut, im persönlichen Austausch zu sein. Gleichzeitig setzen wir digitale Lösungen überall dort ein, wo sie der Gruppe und dem Vorgehen helfen.

Mein Anliegen ist es, Menschen noch besser virtuell zu vernetzen und dabei nicht die Technik, sondern den Inhalt des Treffens und die Menschen in den Fokus zu stellen. Als Chancen sehe ich hier beispielsweise, dass sich eher introvertierte Menschen schriftlich ausdrücken und ihre Gedanken allen Teilnehmern gleich zur Verfügung stellen können. Dass Ergebnisse transparent digitalisiert werden und simultan weiterbearbeitet werden können.

Darüber hinaus können virtuelle Treffen viel häufiger und ohne Reisetätigkeit anberaumt werden. Das führt auch dazu, dass Kolleg*innen unkompliziert in eine Lösungssuche einbezogen werden und somit die Möglichkeit gegeben wird, gemeinsam – vielleicht sogar weltweit – ein Ergebnis zu finden.

Das ist auch ganz im Sinne der „neuen“ Art der Zusammenarbeit, wo ein rasches, iteratives und synchrones Vorgehen wichtig ist. Kurzum: Das Fundament bilden die Menschen mit ihrer Grundhaltung, ihrem Wissen und ihrer Kreativität. Und die digitalen Medien sind ein überaus wirkungsvolles Werkzeug, um die „Zukunft neu zu denken“ und dann natürlich auch gemeinsam aktiv zu gestalten.

 

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Das Roman Herzog hat am 1. April 2020 den „digitalen Raum für Reflexion“ gestartet. Zum Veranstaltungsrückblick. 

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