RHI-Symposium 2017
In welcher Gesellschaft wollen wir leben?
Die Arbeitswelt von morgen fordert uns dazu heraus, das Verhältnis von Mensch und Technik zu überdenken: Wie verändern sich Einstellungen und Bedürfnisse von Menschen mit der zunehmenden Digitalisierung? Welche Folgen hat das für die Führung von Unternehmen und Mitarbeitern? Warum ist es wichtig, dass sich Unternehmensvertreter aktiv in öffentliche Diskurse einbringen? Um eine Standortbestimmung zu diesen Fragen ging es beim RHI-Symposium am 15. November 2017.
Worin der nicht messbare Wert der Arbeit liegt, erläuterte der Schweizer Ökonom Bruno S. Frey. Er warnte davor, dass mit der Digitalisierung die Quantifizierung aller Lebensbereiche immer mehr um sich greift. Das menschliche Grundbedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung wird dabei zu wenig berücksichtigt.
Mit Mythen über die künftige Berufswelt setzte sich der Arbeitsforscher Holger Bonin kritisch auseinander. Die gängige Befürchtung, Digitalisierung bedeute zwangsläufig das Ende der Arbeitsgesellschaft, konfrontierte er mit einer differenzierten Analyse der zu erwartenden Veränderungen. Dass Technologiefeindlichkeit tief in der natürlichen Abneigung des Menschen vor Veränderungen verwurzelt ist, zeigten anschließend die Sozialpsychologen Detlef Fetchenhauer und Daniel Ehlebracht.
Einen ganz eigenen Blick auf den Wert der Arbeit warf Franziska Holzheimer in ihrem Poetry Slam. Management-Coach Nicole Brandes inspirierte mit Einsichten zum Thema „Leadership 4.0. Ihr Appell an Führungskräfte: Technologie aktiv nutzen, um dem Menschen zu nützen!
Der Umgang mit neuen Technologien stellt nicht nur hohe Anforderungen an die Manager. Er ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Über Lösungsansätze diskutierte eine Expertenrunde mit Holger Bonin und Nicole Brandes sowie den Sozialwissenschaftlerinnen Martina Heßler und Sabine Pfeiffer.
Deuten die derzeitigen gesellschaftlichen Veränderungen auf einen allgemeinen Werteverlust hin? Und wo bleibt angesichts der aktuellen Krise der westlichen Demokratien die Stimme der Wirtschaft? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Philosoph Urs Andreas Sommer in seinem Vortrag. Gleichzeitig stellte er die neue RHI-Publikation „Führen mit Werten – Zur gesellschaftlichen Verantwortung von Wirtschaftseliten“ von Karl Homann und Peter Paschek vor.
Um die Arbeitswelt von morgen zu gestalten, sei visionäres Denken ebenso unerlässlich wie die Festlegung ethischer Standards, betonte RHI-Vorstandsvorsitzender Randolf Rodenstock in seinem Schlusswort. „Normen, Regeln und die ihnen zugrunde liegenden Werte sind von zentraler Bedeutung, wenn wir Technik und Gesellschaft weiter entwickeln wollen“, sagte er mit Bezug auf die Robotergesetze des Science-Fiction-Autors Isaac Asimov.
Publikationen zum Thema
Führen mit Werten
Brexit, Trump, Europa in der Sinnkrise – wir leben in turbulenten Zeiten. Das Vertrauen der Menschen in die Demokratie und ihre Institutionen schwindet. Kritik an der Marktwirtschaft ist weit verbreitet. Wie können sich Unternehmenslenker zu diesen und anderen gesellschaftspolitischen Themen in öffentlichen Debatten positionieren? Sollen sie es überhaupt – oder haben sie mit ihrem Kerngeschäft nicht schon genug zu tun? Werteorientierte Führung von Unternehmen und Mitarbeitern endet nicht am Werkstor. Der Wirtschaftsethiker Karl Homann und der Unternehmensberater Peter Paschek zeigen, dass Führen mit Werten eine gesellschaftliche Aufgabe von Managern ist und was diese ausmacht. Sie sehen die Wirtschaftseliten in der Pflicht, Diskurs- und Handlungsverantwortung zu übernehmen. In einem Interview betont die Personalwissenschaftlerin Michèle Morner die Bedeutung von Werten auch im innerbetrieblichen Kontext: Fairness, Vertrauen und selbstbestimmtes Arbeiten führen zu mehr Motivation sowie Zufriedenheit der Mitarbeiter und damit zu höherer Leistungsfähigkeit.
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Digitale Führung
Führen auf Distanz ist eine der zentralen Herausforderungen in der zunehmend virtuellen Arbeitswelt: Die digitalen Medien ermöglichen es uns, miteinander ortsungebunden in Kontakt zu treten. Zugleich schränken sie unsere elementaren Ausdrucks- und Wahrnehmungsmöglichkeiten ein. Das hat zu Verunsicherung auf beiden Seiten geführt – bei der Chefin oder dem Chef und bei den Mitarbeitern. Führungsexperte Jürgen Weibler analysiert, was gute Führung heute ausmacht. Er skizziert die komplexen Herausforderungen und beschreibt, wie Führung – stets verstanden als Beziehung zwischen Führenden und Geführten – auch unter digitalen Bedingungen gelingen kann. Sein Rat an Führungskräfte: virtuelle Beziehungen nicht auf die Spitze treiben, sondern möglichst mit analogen Lösungen – persönlichen Begegnungen von Angesicht zu Angesicht – kombinieren.
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Meet the speakers