Richard Gutjahr
Kurzportrait
Richard Gutjahr ist Absolvent der Deutschen Journalistenschule in München. Er hat an der Ludwig-Maximilians-Universität Politik und Kommunikationswissenschaften studiert. Nach Stationen bei Süddeutsche Zeitung, CNN, BR und WDR arbeitet Richard Gutjahr heute u.a. als freier Reporter für die ARD sowie als Kolumnist für zahlreiche Tageszeitungen und Fachzeitschriften. Seit Mitte 2021 ist Gutjahr auch als USA-Korrespondent in Washington für zahlreiche Zeitungen tätig, u.a. für die Rheinische Post, den Bonner Generalanzeiger oder den Standard in Wien. 20 Jahre moderierte er diverse News-Formate und -Magazine für den ARD-Verbund. Für seine Reportagen und Online-Projekte wurde Gutjahr national wie international mit diversen Preisen ausgezeichnet. Daneben unterrichtet er Social Media und Mobile Reporting an Journalistenschulen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.
Foto: Mathias Vietmeier
„Digitale Empathie“ – Warum wir vor allem die Erwachsenen in Sachen Medienkompetenz boostern müssen.
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Herr Gutjahr, Journalisten werden zunehmend zur Zielscheibe.
Damit meine ich nicht nur den offenen Hass, der ihnen bei den Corona-Protesten auf offener Straße entgegenschlägt. Die Vertrauenskrise gegenüber Medienvertretern scheint sich durch die gesamte Gesellschaft zu ziehen. Können Sie das nachvollziehen?
Einerseits ja. Auch durch meine eigene Geschichte. Selbst erfahrene Kollegen von namhaften Verlagen haben Dinge über mich geschrieben, ohne vorab den Austausch mit mir zu suchen. Dabei gehört es zu jeder journalistischen Recherche dazu, Beteiligte zu Wort kommen zu lassen und Sachverhalte zu verifizieren. Im Netz bleiben solche Fehler und Schludrigkeiten für immer archiviert und Menschen tauschen sich darüber aus. Leider bleiben auch hier negative Erlebnisse und Erfahrungen stärker im Gedächtnis haften als positive – und in der Summe scheint sich so über die Jahre hinweg ein ungutes Gefühl breitgemacht zu haben. Bis hin zu dem Eindruck, dass wir Journalisten „über den Dingen stehen“, den „Kontakt zur Gesellschaft verloren haben“ oder gar „eine bestimmte Agenda verfolgen“.
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Und andererseits?
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Nicht zuletzt durch die Whistlerblowerin Frances Haugen hat die Öffentlichkeit erfahren, wie lax Facebook gegen Fake News bislang vorgeht.
Manager sollen den Kampf gegen Desinformation zu Zeiten Donald Trumps sogar verhindert haben, weil sie seine Anhänger nicht als Kunden verlieren wollten. Nur: Hat das irgendeinen Einfluss auf unser Verhalten im Netz? Sind wir kritischer geworden?
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Es geht darum, uns möglichst lange vor dem Bildschirm zu halten …
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Sie selbst sind Opfer von Verschwörungserzählungen geworden.
Bis heute terrorisieren Neonazis und Reichsbürger Sie mit Hass und Morddrohungen. Hat diese Erfahrung auch Einfluss auf Ihr eigenes Verhalten im Netz?
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Eine aktuelle Umfrage im Auftrag von HateAid und der Alfred-Landecker-Stiftung hat gerade erst gezeigt: Digitale Gewalt hat in ganz Europa ein massives Ausmaß angenommen.
Zwei Drittel aller Befragten zwischen 18 und 80 haben bereits Hass und Hetze im Internet erlebt. Zudem zeigt eine Studie der Stiftung Neue Verantwortung, dass Falschmeldungen von den wenigsten als solche erkannt werden. Woher nehmen Sie Ihren Optimismus? Und gibt es konkrete Ratschläge, wie wir die Flut an Hass und Falschinformationen stoppen können.
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Was meinen Sie damit konkret?